Von Ilhas Selvagens nach La Graciosa

Nachdem wir den interessanten Rundgang auf der Insel beendet hatten, legten wir 13.30 für 138sm nach La Graciosa ab. Etwas wehmütig sahen wir die Insel immer kleiner werden, denn sowohl die Polizisten als auch unser Ranger blieben uns in sehr netter Erinnerung, einschließlich der kleine Hund, der auf der Insel lebt und ununterbrochen seinen Dienst versieht, während die dort Beschäftigten regelmäßig ausgetauscht werden. Jiri war bereits vor 6 Jahren einmal auf der Insel, der kleine Hund war immer noch derselbe. Unsere Schichteinteilung war wieder beschlossene Sache, Jiri übernahm die eine Nachtschicht und wir segelten mit gutem Amwindkurs, der 17 – 18 kt maß und Jiri teils reffen mußte, unserer Insel entgegen. Die Schwierigkeit hier in dem Hafen einen Liegeplatz zu bekommen besteht darin, dass man ohne Genehmigung und Kennzahl keine Chance hat, anlegen zu dürfen. Jiri hatte bereits Tage vorher von Funchal aus die Erlaubnis in spanisch beantragt, zweifelte aber an der Bearbeitungseinstellung der spanischen Behörden, ob wir sie zugesendet bekommmen. Als wir uns der Insel näherten und wieder das Internet nutzen konnten, war seine Freude groß, als er die Reservierungsnummer im Handy sah. So liefen wir gegen 14:30 zwischen den kargen Felsen in den Hafen ein, wo bereits der Mariniero stand und uns abwinkte, es sei kein Platz vorhanden. In seinem besten Spanisch teilte Jiri ihm die Registriernummer mit und er wies uns eine Box zu. Es war ein großes Glück diesen Liegeplatz zu bekommen, denn am nächsten Tag fand der Schwimmwettkampf der Insulaner von Playa del Risco über den Estrecho del Rio nach Caleta del Sebo statt. Ca. 600 Teilnehmer waren vor Wochen bereits gemeldet und legten kraulend die Entfernung von 2,6 km zurück. Wir saßen auf unserem Boot in der ersten Reihe und bewunderten die Schwimmer, die von vielen Booten begleitet wurden. Gegen Abend gingen wir in den Hafen, wo alle Leute in Feierlaune waren und die kleinen Strandbars mit Leben erfüllten. Wir liefen durch die fast menschenleeren, breiten Straßen des kleinen Ortes, die durch ein- bis zweistöcke, willkürlich aneinandergereihte Häuser gesäumt waren. Wir mußten auf der Hauptstraße gelandet sein, die zu der kleinen Kirche führte. Der Wind fegte durch die Straße und wir kamen uns wie Statisten in einem Italo-Western vor und warteten nur auf den rollenden Ball aus Gestrüpp, der über die Straße rollt, oder Klaus Kinski, dass er um die Ecke kommt. Ein eigenartiges Gefühl kam in uns auf. Wir sahen dann jedoch 3 Kinder auf Stufen sitzend, die wie überall konzentriert auf ihr Handy sahen…. wir waren doch wieder in unserer Welt.
Wir hörten Lifemusik, also nichts wie hin. Sie spielten 2 Titel von den Beatles, die Musikanlage war riesig und sah sehr professionell aus, als es nach dem zweiten Titel still wurde. Wir saßen gemeinsam mit zwei älteten spanischen Frauen auf einer Stufe entlang eines Hauses visavies der Band, als plötzlich vier Gitaristen ihre Instrumente einpackten und nach hause gingen. Die Technik muss wohl versagt haben und es gab keine Musik mehr. Der DJ, der wohl nach der Band gebucht war, baute seine Anlage auf und wartete pünktlich bis 21:00, wahrscheinlich wurde er nur ab dann bezahlt. Das machte jedoch der guten Laune der Leute keinen Abbruch. Das stelle man sich mal bei uns vor! Wir gingen danach an Bord und ließen den Abend bei ein bis zwei Gläschen Poncha-natural ausklingen, den wir uns aus Funchal mitgebracht hatten.

Von Funchal nach Ilhas Selvagens

Auf dem Weg zu den kanarischen Inseln liegt die kleine Insel Ilhas Selvagens, ein Naturschutzgebiet für Vögel. Nach 167 sm hatten wir nach durchsegelter Nacht die Insel am Nachmittag erreicht. Wir mußten in der Bucht ankern, was uns erst so richtig nach dem zweiten Alauf gelang. Zuvor hatten wir uns in Funchal im Botanischen Garten die Genehmigung für den Besuch der Insel besorgt. Vier Polizeibeamte und ein Wächter sind für die Insel zuständig und kontrollierten nach dem Ankern und telefonischen Kontakt unsere Papiere. Am nächsten Morgen sind wir mit dem Dingi, das zuvor in seinem Sack an Bord lag, zu der Insel gefahren. Zu unserem Glück konnten wir an einer Führung über die Insel teilnehmen. Man stelle sich vor, die Jungen der Möven sitzen einzeln, mit flauschigem Gefieder in Hölen oder unter Büschen versteckt und müssen eine Woche auf die Eltern warten, bis sie wieder gefüttert werden. Ihre Nahrung ist so reichhaltig, dass sie die Woche überleben können. Ihre Eltern holen tauchend die Fische aus dem Atlantik. Kurz vor dem Gefiederwechsel werden die Kleinen auch nicht mehr gefüttert, um ihr Gewicht zu reduzieren, um zum Fliegen nicht zu schwer zu sein. Ist der Zeitpunkt des ersten Alleinflugs gekommen, stürzen sie sich von der Klippe um danach alleine zu fliegen – und mir wurde versichert, SIE KÖNNEN ES!!!!! Unser Dingi liegt jetzt wie bei richtigen Fahrtenseglern auf dem Vorschiff!

Von Porto Santo nach Funchal

Nachdem wir die 474 sm die Tage vorher hinter uns hatten, kam uns die Strecke vom 37 sm nach Funchal wie ein Kinderspiel vor. Diesen Morgen nahmen wir uns Zeit und liefen erst 11:00 mit halben Wind und guten Segelbedingungen aus. Gegen 16:30 kamen wir in Funchal an, jedoch war die Lage mit unserem Liegeplatz ungeklärt. Jiri telefonierte mit dem Hafenmeister und ein junger Mann auf dem Fahrrad kam uns in wilder Fahrt entgegen, um uns die Kaimauer als Festmacher zuzuweisen. Alle Schwimmstege waren belegt und wir mußten uns glücklich schätzen, in diesem Hafen, der Hauptstadt von Madeira, liegen bleiben zu dürfen. Das Problem war nur, der Tidenhub betrug 2 m, was das Ein- und Aussteigen etwas schwierig machte und wir mußten die Ebbe an Bord abwarten, um zu sehen, dass unsere Leinen ausreichend lang befestigt waren. So verbrachten wir den ersten Abend an Bord. Der Blick über die Stadt mit ihren 1000 Lichtern entschädigte uns für das verschobene Abendessen im Restaurant.
Jiri mietete für 3 Tage ein Auto und ich konnte mit angehaltenem Atem seine Fahrkünste in den Bergstraßen von Madeira bewundern. Noch nie bin ich so viel bergauf und bergab gefahren, habe so unsagbare Steigungen und Kurven erlebt, wie in diesen Tagen und das Schärfste war, an jedem Hang und in jeder Kurve klebten dicht an der Straße die Häuser, die man parterre betreten kann, aber das ist in Wirklichkeit der vierte Stock, von unten betrachtet. Nur wenige Häuser, die nur schwierig mit dem Auto zu erreichen sind, waren verlassen. Alle anderen sind neu oder in einem sehr guten Zustand. An den steilen Hängen wurden vor Jahrhunderten Terrassen angelegt, auf denen noch heute Bananen oder Wein angebaut wird. Das Wasser wird in 2.400 km langen Levadas vom Berg über die ganze Insel ins Tal geführt und Bewässerungsanlagen und Zisternen sorgen für regelmäßige Bewässerungsmöglichkeiten.
Neben den gut gepflegten Bergstraßen gibt es auch quer über die Insel eine Autobahn, die mit gewaltigen Brückenkonstruktionen die kilometertiefen Schluchten überwinden. So erreichten wir auch die zweit höchste Klippe Europas Cabo Girau. Für Mutige gibt es eine Glasplattform auf der man stehend, die Tiefe von 550 m bis hinunter zum Meer bewundern kann.
Auf den Monte kann man mit einer Seilbahn, wie sie beim Wintersport üblich ist, hochfahren. Wir haben beim Einsteigen unwillkürlich die Ski vermißt. Nachdem wir die Kirche dort besucht hatten, sind wir mit einer Art Schlitten aus Weidenkorb geflochten und mit Holzkufen versehen, von 2 Männern in weißen Hemden und Hosen, die weiche Stiefel zum Schutz ihrer Füße tragen, die kurvenreiche und steile Bergstraße hinuntergefahren. Teils wird man von ihnen gezogen und teils stehen sie auf den Kuven und schupsen mit einem Bein ab. Seit der Jahrhundertwende mit beginnendem Tourismus ist das eine alte Tradition.
Am Freitag gab es in Funchal 2 große Wettkämpfe. Einmal fand ein Triatlon statt und dann gab es einen Maraton von Funchal aus startend zu dem zweit höchsten Berg den Pico Aviero. Uns bleibt es ein Rätsel, wie man bei diesen sommerlichen Temperaturen und den Steigungen überhaupt laufen kann. Ich kann nur sagen, Madeira ist  eine wunderschöne Insel und eine Reise wert.       

Von Sines nach Porto Santo

Am 17.09.17 lag die längste Strecke von 474sm vor uns, die wir je gesegelt sind. Jiri rechnete mit 4 – 5 Tagen auf See. Nachdem wir uns von unseren Lieben abgemeldet hatten, auf See waren wir nicht mehr erreichbar, stachen wir 8:20 in See. Leider hatten wir nur 7 kt Wind (der Atlantik meint es gut mit mir) und wir mußten den Motor zur Hilfe nehmen, um unser Ziel, dass wir mit 231 Grad ansteuerten zu erreichen. Das Wetter war herrlich, Sonne satt, ein sanftes Lüftchen und es gab nur eine leichte Dünung von dem Wind des Vortages. Ich begann auf Jiris Wunsch, Linseneintopf für die zu durchwachenden Nächte zu kochen. Mit zunehmendem Wind merkte ich vor meinem Schneidebrett stehend, wie das Rollen des Schiffes mehr und mehr zunahm, doch ich schnitt den Speck und die Zwiebeln tapfer weit und vollendete unseren Eintopf unter schwierigsten Bedingungen, denn wir konnten den Motor gegen 10:00 abstellen und der Wind steigerte sich bis auf 18 kt, in Böen hatten wir 20 kt zu verzeichnen.
Da ich die Tagschicht bei diesem Törn mit dem Kochen begann, kam mir doch der grandiose Einfall, dass Jiri die Nachtschichten übernehmen kann. Anfangs fand er meine Idee nicht sonderlich gut, aber da wir mitten auf dem Atlantik weder mit Fischern, noch deren ausgelegten Fangutensilien zu rechnen hatten, fand Jiri auch während der Nachtwache die eine oder andere Stunde schlaf.
Wir kamen am 20.09.17 um 19:07 nach 3 Tagen, 11 Stunden und 57 Minuten in Porto Santo an, einer kleinen Insel die eine typische Anlaufstelle für Boote ist, die vom Kontinent kommen. Es ist eine Miniinsel mit kleinen Dörfern, Straßen und sogar Autos. Im Hafen gab es sogar ein neues Restaurant, dessen Schiebetüren aus Glas zum Hafen hin geöffnet waren und wir bestellten und bekamen leckeren Fisch serviert. Besser konnte dieser Törn nicht enden.

 

Von Sesimbre nach Sines

Der zweite Segeltag nach unserer Pause überraschte uns mit starkem Wind. Obwohl man uns am abend beim Bezahlen unserer Liegegebühr in der Marina riet, am Freitag lieber einen Tag Pause einzulegen, beschlossen wir jedoch unsere Fahrt fortzusetzen. Nachdem Jiri nach dem Verlassen der Marina unser Groß setzte, war der Wind so stark, dass mir das Boot völlig aus dem Ruder lief. Hilflos hing ich an dem Steuerrad während unser Boot einen Radius beschrieb, den ich schon gar nicht haben wollte. Ich hatte doch vergessen, n so einer Situation mit Hilfe der Maschine die Geschwindigkeit zu erzeugen, um die notwendige Anströmung an das Ruder zu erzeugen, um den Kurs steuern zu können den ich möchte und nicht der Wind. Jiri rettete mich heldenhaft aus dieser Situation. Mit achterlichem Wind, der in der Spitze Böen von 35 kt hatte, war die Überfahrt sehr unruhig und ich hätte mir für meinen zweiten Tag zum Einsegeln etwas ruhigeres Wetter gewünscht, in etwa so, wie beim Überqueren der Biskaya. Heute hatten wir Wellen bis 3m und zum Glück hatten wir gegen 16.00 Uhr unseren Zielhafen erreicht, dem unter Wasser befindliche Brecher vorgelegart waren, die nur durch eine kleine rote Tonne gekennzeichnet waren. Wehe dem, der sie bei unsichtigem Wetter übersieht.

Die Hafenanlage und das Gebäude der Marina sowie die Straßen, die bergauf in den malerischen Ort führen, sind alle neu und die Wege werden durch angepflanzte Palmen umsäumt. In den wenigen,  kleinen Gärten blüht der Orleander und die Häuser sind geschachtelt und in Etagen an den Berg gebaut. Ich habe ja schon wieder ein kleines aber ehrwürdiges altes und verlassenes Haus entdeckt. Es hat Terrassen und Meerblick und Jiri hat mich schnell wieder daran vorbeigeführt. (Wer mich kennt, weiß auch warum, ha)

In der Mitte des Ortes, dicht an der Klippe, steht eine alte Festungsanlage und die Kirche des Ortes und auf dem Vorplatz erhebt sich die Statue von Dom Vasco da Gama. Er hat als Erster den Seeweg um das Kapp der guten Hoffnung nach Indien im 15. Jahrhundert entdeckt. Wir waren nach 18.00 Uhr vor der Kirche und sahen, wie nach und nach die äteren Frauen zum Abendgebet in die Kirche gingen. Sie waren gut frisiert und nett gekleidet, alle älteren Frauen tugen ihre Kleidung in schwarz und sie strahlten Ruhe und Zufriedenheit aus.

Wir gingen durch die schmalen Gassen und sahen ab und zu in kleine Räume, in denen sich jeweils ein Minirestaurant befand und die Tische und Stühle standen einfach auf dem kleinen Gehweg. Meistens hatten sich daran Männer versammelt, die bei einem Bier sich unterhaltend und lachend ihren Feierabend miteinander verbrachten.  Wir kamen auch an einem kleinen Lebensmittelladen vorbei, der uns zu dem fehlenden Obst verhalf. Auf dem Rückweg zur Marina begegneten wir noch schlendernden jungen Leuten, die vom Baden kommend auf dem Weg zu ihren Autos waren, nur mit einem Badetuch bedeckt. Wir  hingegen hatten schon warme Sachen an und der Wind brachte uns zum Frösteln. Holländer und Portugiesen sind uns glatt im Vorteil.

Wir verabschieden uns jetzt für 4-5 Tage, denn wir haben unseren Plan, ins Mittelmeer zu segeln dahingehend korrigiert, dass wir uns morgen gegen 8.00 Uhr in Richtung Kanaren auf den Weg machen. Wir müssen ca. 500 sm zurück legen, das ist für uns schon eine seglerische Herausforderung. Das erste Ziel wird Porto Santo sein, dort planen wir zu ankern, um am nächsten Tag Richtung Funchal aufzubrechen. Aber da melden wir uns wieder – hoffentlich …..